Familiennamen aus dem lateinischen Rufnamen Christiānus
Weihnachten wird heute weltweit gefeiert. Obwohl viele adventliche Bräuche inzwischen keinen direkten Bezug mehr zum Glauben haben, waren die Feierlichkeiten lange Zeit vor allem ein Fest der Christen, die am 25. Dezember die Geburt Jesu zelebrieren.
Im Lateinischen bedeutet christiānus ‘zu Christus gehörend, Anhänger Christi, Christ’, daraus entwickelten sich ab dem Mittelalter beliebte Rufnamen: Christian und Christina waren in Nordeuropa und generell in den protestantischen Ländern sehr populär, in den romanischsprachigen Gebieten hingegen weniger verbreitet. Obwohl Christiānus als Name schon vor dem 1. Jh. dokumentiert ist, hat sich der Rufname Cristiano bzw. Cristiana in Italien erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. durchgesetzt, in Frankreich mit Christian sogar noch später.
Im Schweizerdeutschen haben sich die Rufnamen Christen resp. die Kurzform Christ entwickelt, aus denen verschiedene Familiennamen hervorgegangen sind: Christ, Christeler, Christen, Christener, Christig, Christiner, Christinger und Christmann. Der Familienname Christen war in der Zeitschicht «vor 1800» besonders häufig, vor allem im Oberaargau und im Emmental. Metronyme, das sind Familiennamen aus dem weiblichen Rufnamen Christi(a)na, sind in der Deutschschweiz nicht dokumentiert.
In der Romandie sind Familiennamen wie Christin oder Crittin zwar verbreitet, im Vergleich mit der Deutschschweiz jedoch mit einer deutlich tieferen Frequenz. Die rätoromanische Schweiz zeigt lediglich drei Belege im Unterengadin (Crastan, Crastanell und Rest), die italienischsprachige Schweiz weist kein einziges Beispiel auf. Der Grund für die Seltenheit bzw. das Fehlen des Namentypus in den romanischen Sprachgebieten der Schweiz ist in der geringen Beliebtheit zu suchen, die der Rufname in diesen Regionen seit seinem Aufkommen bis in die Gegenwart aufweist. Dies hängt mit der Semantik des zugrundeliegenden Worts zusammen: In mehreren romanischen Sprachen entwickelte sich die Bedeutung von lateinischem christiānus zu ‘Mensch’; das französische crétin entwickelte sekundär auch eine Bedeutungsverschlechterung zu ‘an Kretinismus leidende Person, Schwachsinniger’. Diese negative Bedeutung wurde danach vom Italienischen und Rätoromanischen übernommen.
/linda steiner

Die Karte zeigt das Vorkommen von Familiennamen, die aus dem lateinischen Rufnamen Christiānus hervorgegangen sind, Zeitschicht «vor 1800». Datenbasis: Familiennamenbuch der Schweiz